Poetische Welt im Interview mit André Kretzschmar, Tourismuszentrale Stralsund
Beschreiben Sie die Stadt Stralsund bitte in einem Satz:
Unmöglich! Ein Versuch könnte lauten: Eine Stadt am Meer, mit stolzer hansestädtischer Geschichte und reich an Zeugnissen aus dieser historischen Zeit – jedoch dynamisch wie das Wasser, das sie umgibt; die Augen stets zum Horizont gerichtet und bereit die Segel zu setzen um Neues zu entdecken.
Welche Emotionen verbinden Sie mit dieser Stadt?
Ich arbeite für sie und kann doch gleichzeitig mit ihr leben. Ja, sie ist mein Leben. Ich bin nicht hier geboren, doch sie hat sich in mein Leben geschlichen und lässt mich nicht mehr los.
Bitte vervollständigen Sie diesen Satz: „Stralsund ist ein Ort, wo …“
… man unbedingt einmal gewesen sein muss und wenn man schon mal da ist, eigentlich auch gleich bleiben sollte. Denn es lässt sich hier hervorragend leben da die sanfte Urbanität dieser Stadt auf einen großartigen Naturraum trifft.
Nennen Sie bitte 3 Eigenschaften, die die Stadt Stralsund besonders auszeichnen:
Die Lage am Meer, eine gute Stadtgröße und hervorragende Infrastruktur sowie Raum für individuelle Freiheit.
Wie lautet das Motto der Stadt Stralsund?
Es ist uns nie gelungen, das eine Motto für die Hansestadt herauszuarbeiten. Die Gedanken zu dieser Stadt sind so vielfältig wie die Menschen, die in ihr leben. Ihr großer Reichtum an außergewöhnlichen kulturellen Schätzen aus Jahrhunderten wechselvoller Geschichte und die mit dieser Geschichte verbundenen Veränderungen der städtischen Strukturen ließen viele verschieden Vorstellungen davon entstehen, wofür diese Stadt steht.
Warum sollte man Stralsund besuchen?
Die UNESCO Welterbeliste nimmt Orte auf, von außergewöhnlichem universellen Wert, deren Schutz und Erhaltung Aufgabe der Menschheit ist. Und Stralsund gehört zu diesen Orten und zum Weltkulturerbe. Doch Stralsund ist kein Museum, keine Puppenstube. Stralsund ist nicht fertig, die Stadt ist in Bewegung. Das fühlt man, wenn man sich hier aufhält und es ist ein gutes Gefühl.
Wie begrüßen Sie die Stadt-Besucher?
Natürlich mit „Herzlich willkommen!“ – aber auch schon mal mit „Moin“.
Was sollte man in Stralsund unbedingt gesehen bzw. erlebt haben?
Im letzten Jahr wurde Stralsund für die attraktivste Innenstadt der Städte mit 50 bis 100 tausend Einwohner ausgezeichnet. Und das zu Recht! Die Kombination aus Erlebnis, Erholung und Shopping in ganz enger Verzahnung zueinander ist außergewöhnlich. Müsste ich einzelne Aktivitäten aufzählen, dann würde ich sagen man soll auf den Turm der Marienkirche steigen, um sich aus einer Höhe von 100 Metern einen Überblick zu verschaffen, im Ozeaneum Fische bestaunen und im Stralsund Museum das Wikinger Gold, hausgerösteten Kaffee trinken und auf jeden Fall Zanderfilet auf Sauerkrautrahm genießen und eine Radtour auf dem Ostseeküstenradweg entlang des Strelasundes kann auf keinen Fall schaden.
Wo kann man in Stralsund das schönste Selfie machen?
Überall – wenn man umwerfend aussieht. Sollte der Hintergrund eine Rolle spielen stellt man sich am besten vor das Rathaus mit seiner imposanten mittelalterlichen Schaufasse oder vor das Ozeaneum mit seiner weißen stählernen Fassade, gleich den Segeln der Schiffe draußen auf dem Wasser oder besser vor ein richtiges Schiff – nämlich der Gorch Fock 1, die hier im Hafen liegt.
Nennen Sie uns Ihren Lieblingsplatz in der Stadt – und den Grund dazu:
Das zu verraten ist ja geradezu fahrlässig, solche Orte möchte man ja meist ganz für sich allein haben. Aber Stralsund bietet zum Glück genug Platz. Mich zieht es hinaus aufs Wasser des Strelasundes oder wenigstens ans Strandbad, wo man nach Süden blickend die Stadtsilhouette hat und nach Norden den freien Blick über die Gewässer des Nationalparks vorpommersche Boddenlandschaft bis zur Insel Hiddensee.
Welchen besonderen Eindruck/welches besondere Gefühl sollen die Besucher mit nach Hause nehmen?
Es gelingt mir nicht dieses Gefühl in Worte zu fassen. Doch ich weiß, dass sehr viele Menschen das gleiche großartige Gefühl haben, wenn sie diese Stadt zum ersten Mal besuchen. Und bei nicht wenigen ist es so stark, dass sie wiederkommen oder gar bleiben möchten.
Was geben Sie den Besuchern beim Abschied mit auf den Weg?
„Vielen Dank für Ihren Besuch und kommen Sie gern wieder!“
Vielen herzlichen Dank.
Ein Beitrag im Rahmen unserer Reihe „Poetische Räume“.
Zur Person:
André Kretzschmar
Leiter der Tourismuszentrale Stralsund
Zur Stadt:
In der Hansestadt Stralsund treffen
europäische Linien aufeinander –
Aber auch stolze Zeichen der Gegenwart stellen sich zur Schau; linker Hand die hohe Rügenbrücke, die das Festland mit der berühmten Insel verbindet, fertiggestellt 2007. Der Pylon, das heißt der aufragende Bauteil, über den die Tragseile der Brücke laufen, erklimmt eine Höhe von 128 Metern und vermittelt einen Anklang von San Francisco Oakland Bay Bridge und großer weiter Welt. Geradeaus erscheint an der Wasserfront der Stadt das Ozeaneum, ein Meeresmuseum, eröffnet 2008: nicht im traditionellen roten Backstein wie die Speicherbauten des Hafens daneben, sondern in hellem strahlendem Weiß, gleich der Farbe von Segeltüchern, geschwungen, wie im Wind flatternd.
Stralsund ist in Bewegung, keine Puppenstube. Es strahlt etwas Würdevolles aus und doch auch Lebendigkeit. Der Anstieg der Gässchen lockt den Besucher zum Alten Markt, zum zentralen Platz der Stadt: mit angenehmer Größenordnung, fast quadratisch, beschaulich und zugleich imposant durch die majestätische Rathausfassade und die benachbarte Nikolaikirche. Wenngleich die Schauseite des Rathauses im späten neunzehnten Jahrhundert erneuert wurde, präsentiert sie im Wesentlichen die Konturen des Originals aus dem vierzehnten Jahrhundert: mit dem charakteristischen hohen Blendgiebel, rhythmisiert von sieben schlanken Pfeilern und durchbrochen von Maßwerkfenstern.
Seinerzeit, als um 1350 diese Fassade entstand, erlebte Stralsund den Höhepunkt seiner Macht als ein führender Ort der Hanse, mit Handelsverbindungen nach Nowgorod in Russland, Bergen in Norwegen oder nach London und nach Brügge in Flandern.
Es gibt ebenso Verbindungen zum Süden, ob bewusst oder unbewusst. Zieht man nämlich auf der Landkarte von Venedig aus eine schnurgerade Linie nach Norden, so stößt man an dem Punkt, wo das Festland wieder aufhört, auf Stralsund. Venedig und Stralsund bilden quasi eine Klammer um das mittlere Europa. Die Parallelität der beiden Städte ließe sich spielend fortsetzen: Da wie dort stößt der Gast auf eine kompakte historische Altstadt, umgeben von Waser, in exponierter Lage, jeweils eine Welt für sich. Einst Orte von eigener originärer Kraft – und selbstverständlich, möchte man hinzufügen, gehören beide Städte nun zum Weltkulturerbe. Schließlich könnte man der Meinung sein, dass Stralsund unter den deutschen Hansestädten an der Ostsee die ungekrönte Königin ist.
Text: Dr. Erwin Seitz
Zur Homepage: http://www.stralsundtourismus.de
Titelfoto / Beitragsfoto: © Stralsund Tourismus